Elixier der ewigen Jugend
Das Elixier der ewigen Jugend. Man könnte Millionen damit verdienen, ach was, Milliarden! Aber eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr oder wird der 1. FC Köln Deutscher Meister, als dass dieses Elixier Wahrheit wird. Die Natur ist grausam und zieht es durch: Wir Menschen altern, werden welk und klapprig, egal ob Mann oder Frau. Aber einen Unterschied gibt es doch. Männer werden anders alt als Frauen. Frauen schauen zum Beispiel sehr oft und sehr ausgiebig in den Spiegel. Und sie kontrollieren sich dabei: Wie ist das Gesicht? Liegen die Haare richtig? Kann man die teuren Ohrringe auch sehen? Sitzt der Busen noch? Wie ist der Po? Ähh, nee, ach doch, geht . . . Und irgendwann, so um die vierzig, entdecken sie das erste graue Haar oder die erste kleine Falte. Sofort wird der halbe Douglas aufgekauft, um diesen Prozess möglichst lange aufzuhalten. Frauen sind halt klug. Männer schauen höchstens in den Spiegel, um die Essensreste aus dem Gesicht zu entfernen oder um zu kontrollieren, ob sie überhaupt eine Hose anhaben. Dafür reicht ein kurzer Blick. Ein Mann schaut nur ein einziges Mal sehr intensiv in den Spiegel: An seinem achtzehnten Geburtstag. Dann sieht er einen jungen, gutaussehenden Mann mit sehr vielen Haaren, wenig Bauch und vor allem sehr viel Sex-Appeal. Dieses Bild gefällt uns, diese Information brennt sich bei uns Männern auf die Festplatte. Das reicht für die nächsten vierzig Jahre. Aber irgendwann bricht das Kartenhaus zusammen. Ich habe vor einigen Jahren den Fehler gemacht, versehentlich länger als zwei Sekunden in einen Spiegel zu schauen. Was ich da sah, gefiel mir gar nicht. Das hatte mit dem achtzehnjährigen Holzfäller-Body-Bill aus Kanada nicht mehr viel zu tun, bis auf die Spiegeleireste im Mundwinkel.
Ich ging erschrocken zu meiner Frau und fragte: „Wie sehe ich denn aus?“ Sie scannte mich mit ihren Augen langsam von oben bis unten ab und antwortete: „Du wolltest als junger Schauspieler immer aussehen wie Sean Connery.“ Ich dachte kurz nach: „Jaaa, ja das stimmt.“
Sie lächelte mich an: „Das hast du jetzt geschafft.“ „Aber Sean Connery ist doch ein alter, dicker Mann – mit Glatze und Bart!“
Warum frage ich auch so doof? Na warte, irgendwann wird sie vor mir stehen, vielleicht in einem neuen Kleid, und mich fragen: „Wie sehe ich aus?“ Und ich werde mir eine gute Antwort zurechtgelegt haben, hehehe. Manchmal sind es aber auch die Kinder, die einem Mann einen neuen Blick auf den eigenen Körper offenbaren. Vor vielen Jahren, als mein Sohn gerade fünf Jahre alt geworden war, und ich, äh, sagen wir: jünger als heute war. Jedenfalls kam er aus dem Kindergarten, schaute mich genau an und sagte: „Dad, wir haben heute im Kindergarten gelernt, dass die Erwachsenen, wenn sie erwachsen sind, nicht mehr wachsen.“
Mit Stolz blickte ich auf meinen klugen Sohn: „Ja, das stimmt.2 Das ist der Sinn des Wortes „Erwachsen“: Man wächst nicht mehr.